Nach dem Biologiestudium an der University of London arbeitete Colin kurz im Field Studies Council an den Shropshire Meres, zog dann aber 1970 an den Lake District im Nordwesten Englands. Dort wurde er Mitarbeiter am berühmten Windermere-Labor der Freshwater Biological Association (FBA). Als Student und in den ersten Jahren in Windermere arbeitete Colin eng mit John Lund zusammen, insbesondere an wegweisenden Großexperimenten („Lund-Tubes“) zum Einfluss von Schichtungsbedingungen, Nährstoffangebot und Temperatur auf die Phytoplanktongemeinschaft. Diese Seeexperimente wurden ergänzt um die Auswertung langjähriger Messreihen der umgebenden Seen und um eine Vielzahl von Laborversuchen. In den 1990er Jahren interessierte Colin sich stark für die Herkunft und Dynamik von Plankton in Flüssen, bevor er sein gesammeltes Wissen zur Ökophysiologie des Phytoplanktons in die Entwicklung mathematischer Modelle wie Protech oder MetaboLake einbrachte. Colin sammelte eigene und in der Literatur verfügbare Daten zum Verhalten unzähliger Phytoplanktonarten und zeigte den Zusammenhang zwischen deren morphologischen und funktionellen Eigenschaften. Sich ähnlich verhaltende Arten aggregierte er in funktionellen Gruppen. Zusammen mit seinen Kollegen in der (von ihm maßgeblich vorangetriebenen) internationalen Arbeitsgruppe zu Ökologie und Taxonomie des Phytoplanktons legte er so die theoretischen Grundlagen für die Gewässerbewertung anhand der Phytoplankton-Zusammensetzung.
Colin schrieb drei Lehrbücher, die nicht nur den Stand des jeweiligen Wissens auf elegante und höchst kompetente Weise zusammenfassten, sondern in Konzeption und Gedankentiefe noch heute wegweisend sind. Er war Autor oder Ko-Autor von 254 Artikeln in Fachzeitschriften und von 165 Projektberichten. 1994 wurde er mit dem Ecology Institute Prize und 2001 mit der Naumann-Thienemann-Medaille der SIL (International Association of Limnologists) ausgezeichnet. Er war Gastprofessor an der University of Reading und der Universidad de Buenos Aires.
Colin war sehr an der Umsetzung seiner Forschungsergebnisse in die wasserwirtschaftliche Praxis interessiert, engagierte sich in entsprechenden Expertengremien und schrieb an Politiker und Wasserwirtschaftler gerichtete einflussreiche Berichte zu Themen wie Blaualgengiften oder Phosphorlimitation des Algenwachstums. Für seine „Dienste an den Kunden der Wasserwirtschaft“ wurde er 2000 von der britischen Königin ernannt zum „Member of the Most Excellent Order of the British Empire”. Colin war lange auch lokalpolitisch aktiv als Mitglied diverser Gremien (1980-98) oder als Bürgermeister seiner Heimatstadt Kendal (1992-93).
Ende der 1990er Jahre initiierte Colin den Zusammenschluss von 15 limnologischen Gemeinschaften Europas, darunter der DGL, zur European Federation for Freshwater Sciences maßgeblich mit. Als Mitgründer, langjähriger Vertreter der FBA und Vorstandsvorsitzender von 2005 bis 2011 prägte er Aufbau, Ausrichtung und die zweijährlichen Symposien (SEFS) dieser internationalen Organisation.
Tragischerweise erlebte Colin den Niedergang des Windermere-Labors unmittelbar. Im Laufe der Jahre verringerte sich die staatliche Finanzierung immer weiter, immer mehr Geld musste mit Auftragsarbeiten für Behörden und Wasserwirtschaft eingeworben werden. Während das Labor über Jahrzehnte von einem unabhängigen Verein, der FBA, getragen wurde, ging es 1989 als Institute of Freshwater Ecology in staatlichen Besitz über, um dann allmählich mit den Instituten für Hydrologie und Ozeanographie zusammengelegt und schließlich aufgelöst zu werden. Colin versuchte, als FBA-Direktor 1997-98 diesen Prozess abzufedern, musste aber 2003 die Umwandlung seines Institutsgebäudes in Eigentumswohnungen und den Umzug der Institutsreste an die Universität in Lancaster miterleben.
Colin Reynolds starb am 03.12.2018 nach kurzer schwerer Krankheit. Die weltweite Limnologengemeinde verliert mit ihm den profiliertesten Experten der Phytoplanktonökologie, einen Brückenbauer zwischen Theorie und Praxis und einen großen Inspirator.
Jan Köhler, Brigitte Nixdorf