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Binnengewässer

Dr. Wolfgang Fischer

Am 24. Oktober 2022 ist der Botaniker, Mykologe und Limnologe Dr. Wolfgang Fischer in Potsdam im Alter von 91 Jahren (25.08.1931-24.10.2022) verstorben.

Wolfgang Fischer wurde am 25. August 1931 in Postlin (nördlich von Karstädt in der Westprignitz, Land Brandenburg) geboren. Er studierte an der Landeshochschule Potsdam bzw. Pädogogischen Hochschule Potsdam (jetzt Universität Potsdam) Biologie, erwarb 1956 das Diplom bei Professor Wolfgang R. Müller-Stoll (1909-1994) und promovierte 1965 unter Betreuung und Begutachtung der Professoren Wolfgang R. Müller-Stoll und Hermann Meusel (1909-1997) (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) an der Akademie für Landwirtschaftwissenschaften in Berlin. Nach dem Studium arbeitete Wolfgang Fischer bis 1959 als wissenschaftlicher Assistent am Botanischen Institut der Pädagogischen Hochschule. Danach war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz, Zweigstellen Halle und Potsdam, von 1960 bis 1976 tätig. Danach führte Wolfgang Fischer als wissenschaftlicher Mitarbeiter von 1976 bis 1979 hydrobiologische Arbeiten bei der Oberflussmeisterei (Institut für Wasserwirtschaft) in Berlin aus. An der Sektion Geographie der Pädagogischen Hochschule Potsdam bzw. am Institut für  Geographie der Universität Potsdam betreute er von 1979 bis 1995 den Fachbereich Biogeographie und vermittelte Studierenden verschiedener Fachrichtungen sein umfangreiches Wissen auf den Gebieten der Botanik und der physischen Geographie (Geomorphologie, Geologie, Gesteins- und Mineralkunde, Bodengeologie, Klimageographie) in Seminaren und auf Exkursionen, vor allem an der Unteren Havel mit der Ökologischen Station Gülpe als Basis.

Wolfgang Fischer war ein Wissenschaftler auf vielen Gebieten der Botanik, der Mykologie, der Ökologie und des Naturschutzes (Floristik, Pflanzensoziologie, Vegetations- und Regionalgeschichte einschließlich historischer Flurnamen und ethnobotanischer Namenskunde). Für die Limnologie und Hydrobotanik sind seine grundlegenden Arbeiten über Mikroalgen, Wasser- und Sumpfpflanzen, über Stromtalpflanzen, über Seen, über Hochmoore und über Überflutungsmoore der Elbe- und Havel-Auen von sehr großer Bedeutung.

So gibt es Arbeiten von ihm über kokkale Grünalgen in den Berliner Spree- und Dahmegewässern, über Planktonalgen im Großen Müggelsee (Berlin), über Mooralgen im Himmelreichsee (Brandenburg), über Wasserpflanzen (Krebsschere, Wasserlinsen, Seekanne), Beiträge über Sumpfpflanze (z. B. Seggen, Sumpfporst) und Listen der Stromtalpflanzen an der Elbe und Havel. In den Beschreibungen von Naturschutzgebieten und in Exkursionsberichten wurden von Wolfgang Fischer Besonderheiten von Seen und sekundären Standgewässern vorgestellt und dokumentiert (Großer Baal-See, Großer Wummsee, Hechtdiebel, Helenesee, Himmelreichsee, Katjasee, Kremmener See, Prierow-See, Rangsdorfer See). Seine Arbeiten über Moore haben oligotrophe Moore der Prignitz, das System der Gewässer- und Moorschutzgebiete und sowohl Beschreibungen von Naturschutzgebieten als auch Exkursionsberichte zum Inhalt (Bergen-Weißacker Moor, Hechtdiebel, Himmelreichsee, Hüllpfuhl, Moore bei Zechliner Hütte und Adamswalde, Rheinsberger Moore bei Zechlin Flecken, Quellflurengesellschaften der Ruppiner Schweiz,  Siethener Elsbruch, Siethener Pechpfuhl, Spring bei Rehfeld). Auch die Flora und Vegetation von vernässten Ackerhohlformen und eines Rieselfeldes bei Potsdam wurde von Wolfgang Fischer erfasst. Außerdem wurde die pflanzliche Besiedlung und das Vorkommen von Pilzen einschließlich „Stromtalpilzen“ auf Auenwiesen (z. B. Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung Untere Havel) und in Auenwäldern an der Elbe und Havel (Garbe, Jederitzer Holz, Mühlenholz) von ihm genau untersucht und kartiert. Mehr als 60 Jahre erforschte Wolfgang Fischer die Flora der Prignitz (Teile der Landkreise Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Stendal) und fasste die rund 1300 dort vorkommenden Arten von Farn- und Blütenpflanzen in seinem Werk „Flora der Prignitz“ (2017) zusammen. Darin sind auch alle Wasser- und Sumpfpflanzen-Funde in den Seen und Kleingewässern, in und an der Elbe und Havel und ihrer Nebenflüsse mit historischen Literaturangaben und aktuellen Kartierbelegen dokumentiert. Außerdem ist er Autor und Mitautor der bekannten und wichtigen Bücher „Flora des Ruppiner Landes“ (1964), „Werte unserer Heimat - Ruppiner Land“ (1981), „Die Naturschutzgebiete der Bezirke Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus sowie der Hauptstadt der DDR, Berlin“ (1982) und „Botanische Wanderungen in deutschen Ländern. Band 2. Berlin und Brandenburg“ (1994). Große Bedeutung haben auch seine Bibliographien der botanischen Literatur Brandenburgs (einschließlich Berlin und angrenzender Gebiete) von 1967 bis 2006.

Wolfgang Fischer war für viele Biologen-Generationen ein hilfreicher, kritischer Lehrer und Berufskollege. Auch mit zahlreichen Vorträgen und auf interessanten Exkursionen einschließlich seinen bekannten Pilzwanderungen teilte er vielen interessierten Natur- und Heimatfreunden und Fachkollegen sein umfangreiches Wissen mit.

Die Hydrobotaniker und Limnologen werden einen wissensreichen Fachkollegen vermissen, der diese Untersuchungs- und Arbeitsgebiete in Nordostdeutschland sehr mit geprägt hat.

Dr. Lothar Täuscher

Literatur (Auswahl)
Seitz, B. & V. Kummer (2021): Dr. Wolfgang Fischer zum 90. Geburtstag (incl. Veröffentlichungen mit Beteiligung von W. F.). - Verh. Bot. Ver. Berlin Brandenburg 153: 233-253.
Täuscher, L. (2001): Zum 70. Geburtstag von Wolfgang Fischer (incl. Verzeichnis hydrobiologischer Arbeiten und Bibliographien von W. F.). - Limnologica 31: 167-168.
Täuscher, L. (2011): Dr. rer. nat. Wolfgang Fischer - 80 Jahre. - Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 20: 74.